Enorme Mietpreise, teure WG-Zimmer, kostspielige Übergangslösungen: Im kommenden Wintersemester haben Studentinnen und Studenten in den meisten Universitätsstädten wieder schlechte Aussichten auf bezahlbaren Wohnraum, wie eine aktuelle Studie dokumentiert.
Immerhin: Unter gewissen Umständen lässt sich die Miete als Studienkosten von der Steuer absetzen.
In 52 von 91 deutschen Universitätsstädten mit mehr als 5.000 Studenten müssen angehende Akademiker wohl noch tiefer in die Tasche greifen als bisher. Das zeigt eine aktuelle Studie des Moses Mendelssohn Instituts in Zusammenarbeit mit dem Portal WG-gesucht.de. Demnach verteuert sich der Preis für ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft im Jahresvergleich um durchschnittlich 20 Euro: Waren es 2015 im Schnitt noch 330 Euro, kostet ein WG-Zimmer zum Semesterstart 2016 durchschnittlich 349 Euro. Die höchsten Mieten werden in München verlangt, mit durchschnittlich 560 Euro pro Zimmer; ähnlich teuer ist es der Untersuchung zufolge in Frankfurt am Main, Köln, Hamburg und Stuttgart.
Wer als Student so viel Geld für ein WG-Zimmer und noch mehr für eine Wohnung ausgeben muss, den beruhigt vielleicht die Tatsache, dass er unter bestimmten Bedingungen zumindest einen Teil seiner Mietkosten von der Steuer absetzen kann. Zugegeben: Der Vorgang ist kompliziert und mit einigen Auflagen verbunden. Aber für so manchen kann sich die Mühe lohnen.
Die Frage nach dem Erst- oder Zweitstudium
Erststudium: Miete und andere Studienkosten als Sonderausgaben absetzen
Momentan gilt im Steuerrecht folgendes: Wer seine erste Ausbildung macht - zum Beispiel den Bachelor ohne vorangegangene Berufsausbildung, eine Berufsausbildung wie Bankkaufmann oder Bäcker, ein Wechsel des Studienfachs bzw. Studiengangs ohne Abschluss - kann dafür anfallende Kosten bis zu 6.000 Euro als Sonderausgaben absetzen:
Dazu zählt die Miete - der oft größte Kostenpunkt -, aber auch Ausgaben für beispielsweise Fachbücher oder Fahrtkosten.
Die als Sonderausgaben klassifizierten Studienkosten können nur in dem Jahr abgesetzt werden, in dem sie angefallen sind - im Unterschied zu Studienkosten, die als Werbungskosten gelten (s.u.). Die Folge: Es bringt nichts, Miet- oder andere Studienkosten in der Steuererklärung anzugeben, wenn ein Studierender zu wenig oder gar nichts verdient. Denn ohne Einnahmen bleibt der Ansatz von Sonderausgaben wirkungslos.
Ein Student, der seine erste Ausbildung absolviert und sich durch einen Nebenjob etwas dazu verdient, kann insgesamt bis zu 6.000 Euro im Jahr - das sind runtergerechnet bis zu 500 Euro im Monat an beispielsweise Mietkosten - von der Steuer als Sonderausgabe absetzen.
Wichtig: Derzeit prüft das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), ob es verfassungsgemäß ist, dass die Ausgaben für die erste Ausbildung lediglich als Sonderausgaben absetzbar sind. Bis das BVerfG dazu entschieden hat, sollte jeder Studierende seine Kosten für das Erststudium als Werbungskosten absetzen. Alle weiteren Details dazu folgen im letzten Absatz dieser Meldung.
Zweitstudium: Miete und andere Studienkosten als Werbungskosten absetzen
Eine Zweitausbildung ist laut geltendem Steuerrecht jede Ausbildung, die nach einer abgeschlossenen Erstausbildung absolviert wird. Als zweite Ausbildung gilt demnach zum Beispiel in der Regel das Master-Studium, eine zweite Berufsausbildung, ein Bachelor-Studium nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung (z.B. ein Studium nach einer Lehre oder umgekehrt), ein Erststudium im Rahmen eines Dienst- oder Ausbildungsdienstverhältnisses (z.B. bei Offizieren, Berufssoldaten der Bundeswehr oder im dualen Studium), die Promotion sowie das Promotionsstudium, ein MBA-Studium oder auch das Referendariat bei Juristen und Lehramtsanwärtern nach dem ersten Staatsexamen.
In punkto Zweitstudium gilt: Die Studienkosten gelten als Werbungskosten. Das hat zwei Folgen:
Alle Kosten, die im Zusammenhang mit dem Studium stehen - von der Miete über die Studiengebühr bis zum Fachbuch -, sind in voller Höhe absetzbar.
Die Kosten für das Studium sind vortragsfähig. Das bedeutet: Sind die Ausgaben für das Studium höher als die Einnahmen eines Studierenden, entsteht ein Verlust, den er in spätere Jahre vortragen kann. Salopp gesagt kann er also seine Studienkosten dann absetzen, wenn er Geld verdient.
Die Frage nach dem Studienort als Lebensmittelpunkt
Ob Erst- oder Zweitstudium: Speziell für die Mietkosten gilt eine wichtige Bedingung, nämlich dass der Ausbildungs- bzw. Studienort nicht der "Lebensmittelpunkt" sein darf. Stattdessen muss der Studierende während des Studiums einen anderen Erstwohnsitz haben und dort mindestens zehn Prozent der laufenden Kosten (Miete, Nebenkosten, Lebensmittel etc.) bezahlen. Diese Kosten müssen dem zuständigen Finanzamt in der Regel nachgewiesen werden, z. B. per Kontoauszug. Wer also ein kostenloses Zimmer bei den Eltern hat, kann keinen Zweitwohnsitz am Studienort als Werbungskosten absetzen.
In Sachen Zweitwohnsitz muss man beachten, dass seit einigen Jahren immer mehr Universitätsstädte eine Zweitwohnsitzsteuer erheben. Diese Steuer schwankt je nach Stadt und kann z. B. 10 Prozent der jährlichen Kaltmiete betragen. Studenten, die über einen Zweitwohnsitz am Studienort nachdenken, sollten rechnen: Lohnt es sich, ein WG-Zimmer am Studienort zu mieten und die Kosten dafür abzusetzen - oder lohnt es sich aufgrund der Zweitwohnsitzsteuer vielleicht nicht?
Hintertür offenhalten und Entscheidung des BVerfG abwarten
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) prüft derzeit, ob es gegen das Grundgesetz verstößt, dass die Kosten für Erst- und Zweitausbildung steuerlich unterschiedlich behandelt werden. Jedem Studierenden, der Geld für seine Ausbildung ausgegeben hat, empfiehlt die VLH deshalb zwei realistische Möglichkeiten, die Kosten geltend zu machen:
Tragen Sie Ihre Ausgaben für Ihr Erststudium oder Ihre Erstausbildung in der Steuererklärung bei den Werbungskosten und nicht bei den Sonderausgaben ein. Wenn das Finanzamt Ihnen daraufhin nur den auf 6.000 Euro begrenzten Sonderausgabenabzug zugesteht, sollten Sie gegen Ihren Steuerbescheid Einspruch einlegen und das Ruhen des Verfahrens beantragen. Verweisen Sie in Ihrem Einspruch auf die beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahren (Az. 2 BvL 25/14, 2 BvL 26/14, 2 BvL 22/14, 2 BvL 23/14, 2 BvL 24/14 und 2 BvL 27/14). So können Sie später von einer möglichen positiven Entscheidung des Gerichts profitieren.
Haben Sie bereits eine Steuererklärung eingereicht, dabei aber die Kosten für Ihr Studium aufgrund fehlender oder zu geringer Einkünfte nicht angegeben, können Sie versuchen, die Kosten nachträglich im Einspruchsverfahren gegen den Steuerbescheid geltend zu machen - also wie unter Punkt 1 beschrieben.