International führende Personalberatung veröffentlicht 5. Ausgabe der "DAX 30-Aufsichtsratsstudie"
15 Aufsichtsräte bleiben unverändert im Amt
Die DAX 30-Konzerne konnten ihre Governance-Strukturen in den vergangenen Jahren personell wie qualitativ kontinuierlich optimieren: Bei einer an deutschen Schulnoten orientierten Durchschnittsbewertung der Kontrollgremien ergibt sich für 2015 die Gesamtnote 2,3. 2011 lag diese noch bei 2,9 (2014: 2,4; 2013: 2,6; 2012: 2,7). Auch bei der im März vom Bundestag beschlossenen Frauenquote kommen die deutschen Blue Chips gut voran. Durch neun neu gewählte Frauen stieg der Anteil weiblicher Aktionärsvertreter trotz dreier Ausscheiderinnen signifikant von 21,1% auf 23,7%. Bei den Nachrückern entspricht das einer Frauenquote von 39% - im Vergleich zu 34% in 2014. Einschließlich der Hauptversammlungen 2015 haben bereits 13 Gremien auf der Eigentümerseite die erforderliche Frauenquote von 30% erreicht. Basierend auf den regulär auslaufenden Mandaten und bei Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben werden sechs Gremien in 2016 aufschließen. Allerdings wird es unter regulären Randbedingungen bis 2020 dauern, den Anteil der weiblichen Aktionärsvertreter aller DAX 30-Gremien auf die geforderten 30% anzuheben. Mit Julia Kuhn-Piëch und Louise Kiesling bei Volkswagen sowie Dr. Nathalie von Siemens bei Siemens stammt ein Drittel der neu installierten Aufsichtsrätinnen aus dem Kreis der Eigentümerfamilien. Trotz des beschriebenen positiven Trends bestehen bei der Aufsichtsratszugehörigkeit in DAX 30-Konzernen noch immer signifikante Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Frauen haben mit 3,6 gegenüber 6,5 Jahren im Schnitt eine um drei Jahre kürzere Zugehörigkeitsdauer. Sie sind bei Amtsantritt mit 52,6 Jahren rund vier Jahre jünger als ihre männlichen Kollegen (56,4 Jahre). Der Altersdurchschnitt liegt bei männlichen Aufsichtsräten bei 62,9 Jahren und damit mehr als sechs Jahre über dem ihrer weiblichen Pendants (56,2 Jahre).
Das sind ausgewählte Ergebnisse der "DAX 30-Aufsichtsratsstudie" der international führenden Personalberatung Russell Reynolds Associates. Diese hat die Veränderungen in den Aufsichtsräten der dreißig größten börsennotierten Konzerne Deutschlands bereits zum fünften Mal untersucht.
Anhand der online verfügbaren biografischen Daten ihrer Mitglieder wird analysiert, wie gut die Gremien in Bezug auf Kriterien wie "Geschäftsrelevante Erfahrung", "Mandatslast" oder "Diversität" abschneiden.
Diversifiziertere Gremien fördern eine expansivere Unternehmensstrategie
Die Russell Reynolds-Studie weist zudem eine signifikante Korrelation zwischen exzellent zusammengesetzten Aufsichtsgremien und überdurchschnittlichem Wachstum nach. "Der statistische Zusammenhang zwischen der historischen Bewertung der Aufseher und den gemeldeten Wachstumsraten unterstützt unsere These, dass diversifiziertere Aufsichtsgremien eine expansivere Unternehmensstrategie fördern. Wir haben in den vergangenen Jahren überwiegend klug durchdachte Personalveränderungen gesehen, welche sowohl der wünschenswerten Erfahrungsbreite als auch den geforderten Diversity-Überlegungen Rechnung tragen", so Jens-Thomas Pietralla, Managing Director bei Russell Reynolds Associates und verantwortlich für die DAX 30-Aufsichtsratsstudie.
Deutsche Bank, Siemens und Henkel bilden die Top 3 des Russell-Reynolds-Aufsichtsratsrankings
Nach dieser Analyse bleibt die Deutsche Bank an der Spitze des aktuellen Rankings. Siemens steigt vom 4. auf den 2. Platz. Henkel, im Vorjahr noch auf dem geteilten Spitzenplatz, findet sich 2015 auf Rang drei wieder. Zum Hintergrund: Die Aufsichtsräte des Konsumgüter-Konzerns sind vergleichsweise stark mit anderen Mandaten belastet. Punktgleich folgen auf dem vierten Platz Adidas und Beiersdorf. Den sechsten Rang teilen sich gleich vier Unternehmen: BMW, Commerzbank, Merck und Munich Re - alle mit der soliden Schulnote 2,0 bewertet. Die beiden Münchner Konzerne in der Vierergruppe machen dabei die größten Sprünge: Die Munich Re kommt von Rang 15 und macht damit gegenüber dem Vorjahr neun Plätze gut. Der Aufsteiger des Jahres ist BMW mit einem Sprung von Platz 22. Die schlechteste Note erhielt mit einer 3,5 wie im Vorjahr das Aufsichtsratsgremium von Fresenius SE. Hier ist trotz Neuwahl noch immer keine einzige Frau vertreten.
Die meisten Aufsichtsratsmandate bei DAX-Unternehmen haben mit einer Anzahl von jeweils vier Michael Diekmann und Henning Kagermann inne. Mit Renate Köcher, Ann-Kristin Achleitner, Nicola Leibinger-Kammüller, Sari Baldauf und Simone Bagel-Trah sind fünf Aufsichtsrätinnen mit mindestens zwei Mandaten im DAX 30 vertreten. Insgesamt bekleiden 16 DAX-Vorstände Aufsichtsratsmandate in anderen DAX-Unternehmen. Das sind zwei weniger als noch im Vorjahr. Die Lufthansa erweist sich mit drei aktuellen DAX-Vorständen im Aufsichtsrat als besonders stark vernetzt.
Erneut zeigt sich in 2015, dass die Qualität der Aufsichtsratszusammenstellung gänzlich unabhängig von der Höhe der Vergütung ist. Hierzu Aufsichtsratsexperte Pietralla: "Die Reputation des Unternehmens, die Qualität des Aufsichtsratsvorsitzenden und eine frühzeitige Planung der Nachbesetzungen sind viel ausschlaggebender. Die Aufsichtsratsvergütung spielt in dieser Liga dagegen eine untergeordnete Rolle."
"Man spricht deutsch": Nur rund jeder 4. Aufsichtsrat im DAX 30 besitzt keinen deutschen Pass (27,7%)
Während die Zusammensetzung der Kontrollgremien weiblicher wurde, behandeln die Konzerne das Thema Internationalisierung weiter eher stiefmütterlich. So stagniert der Anteil ausländischer Aufsichtsräte annähernd bei 27,7% im Vergleich zu 28,4% im Vorjahr. "Die große Euphorie hinsichtlich ausländischer Neuzugänge scheint rückläufig. In diesem Jahr standen Deutsche wieder mehr im Vordergrund - bei den Frauen wie bei den Männern -, und dies sicher auch aus praktischen Überlegungen wie Sprache und Mitbestimmungserfahrung", so Aufsichtsratsexperte Pietralla. Beachtung findet aber sehr wohl gelebte Auslandserfahrung: "Statt primär auf die Nationalität achtet man bei Neubesetzungen verstärkt auf die Verantwortungs- und Lebenserfahrung im Ausland", kommentiert Thomas Tomkos, Managing Director und verantwortlich für das Deutschlandgeschäft von Russell Reynolds Associates.
Den höchsten individuellen Anteil von Ausländern weisen weiterhin Volkswagen und Deutsche Bank (je 60%) sowie Allianz, Beiersdorf, Deutsche Börse, Fresenius MC und Henkel mit je 50% auf. Österreich stellt noch immer das größte Ausländerkontingent mit 18 Aktionärsvertreterposten, gefolgt von den USA (12), Großbritannien (10) und Frankreich (6). Interessante Nachrücker sind die Chinesin Amy Yok Tak Yip bei der Deutschen Börse, die US-Amerikanerin Louise M. Parent bei der Deutschen Bank sowie der US-Amerikaner Lawrence A. Rosen, Finanzvorstand der Deutschen Post, bei Lanxess.
Ein weiteres Ergebnis der Russell-Reynolds-Studie: Die abrupten Veränderungen im Aufsichtsrat der Volkswagen AG sind symptomatisch für die personelle Entwicklung bei der Hälfte der DAX-30-Aufsichtsgremien in den vergangenen zwölf Monaten. Von den 22 (2014: 35) Aufsichtsratsmitgliedern, die im vergangenen Jahr ersetzt wurden, erfolgten 16 dieser Personalien - und damit 73% - meist aufgrund von Rücktritten vor Ablauf der eigentlichen Amtsdauer. Dieses Jahr der außerplanmäßigen Veränderungen auf der einen Seite wird auf der anderen Seite kontrastiert von der Stabilität der weiteren 15 Blue Chips im wichtigsten deutschen Börsensegment. Denn hier blieben die obersten Kontrollgremien seitens der Aktionärsvertreter bis einschließlich der Hauptversammlungen 2015 personell komplett unverändert.